Mittwoch, 21. August 2013
Kurdischer Staat und Israel als Verbündeten zu erwarten?
11.08.13-By Lazar Berman
Während die Kurden Syriens sich einer Autonomie nähern, warten die Brüder im Süden des Iraks weiterhin auf den richtigen Moment.
Ende Juli gab die PYD bekannt, dass sie autonome Bestrebungen hat, die hauptsächlich von Kurden besiedelten Gebiete unabhängig vom syrischen Staat zu verwalten.
Die PYD Führung erklärte, dass dies nur für die Dauer des Bürgerkrieges in Syrien sein soll, jedoch ist dieser Zug Teil eines größeren Musters, in dem sich die Kurden die Vorteile des zweijährigen Konfliktes zu Eigen machen, indem sie das Machtvakuum des Regimes nutzen, um einer Autonomie näher zu kommen. Diese Stellungnahme erregte die Aufmerksamkeit einiger Nachbarländer, die sich schon immer bei dem Thema "Völlig unabhängiges Kurdistan" nervös gezeigt haben.
"Es ist nicht möglich, eine Autonomie des kurdischen Volkes in Syrien zu akzeptieren. Es würde nur zu einer weiteren Krise führen", so der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu in einer Erklärung.
Die Türkei, Heimat der weltweit größten kurdischen Mehrheit ist scheu über jegliche Veränderungen, die Unruhe in der Türkei stiften könnten. Deshalb schickte die Türkei nach der Ankündigung der PYD mehr Truppen an die gemeinsamen Grenzen Syriens, mit der Begründung, es sei eine parlamentarische Anweisung, einschreiten zu müssen, wenn sich eine ernste Gefahr aufzeige.
Während sich die Türkei, der Irak und andere Länder gegen die Hinweise einer verstärkten kurdischen Selbstverwaltung sträuben, glauben viele kurdische und israelische Experten, dass ein unabhängiger kurdischer Staat im mittleren Osten ein Geschenk für Israel sein würde.
"Die Kurden waren schon immer Sympathisanten der Israelis und ein kurdischer Staat würde Israel nur von Vorteil sein" argumentiert der kurdische Journalist Ayub Nuri im Juli diesen Jahres.
"Es würde ein Gleichgewicht der Mächte geben. Gerade jetzt ist Israel alleine gegen Viele, doch mit einem unabhängigen kurdischen Staat würde vor allem Israel einen Freund in dieser Region gewinnen, zudem würde Kurdistan als Pufferzone inmitten Iran, Syrien, Irak und Türkei dienen. "
Die Kurden sind weltweit die größte staatenlose Nation, mit über 30 Millionen Kurden, die auf die Türkei, den Irak, Syrien und Iran verteilt sind. Diese Zahlen sind angelehnt an CIA Factbook, obwohl genaue Bevölkerungszahlen nicht angegeben werden können.
Die 6 Millionen Kurden im Irak zählen als die einzige große Mehrheit der Kurden, die teilweise eine Unabhängigkeit und Selbstverwaltung erreicht haben. Sie führen seit 2005 eine autonome kurdische Regionalregierung (KRG) innerhalb der irakischen Bundesverwaltung.
Doch trotz boomender Wirtschaft und markanter Handlungsfreiheit gibt die Regionalregierung noch immer keine konkreten Pläne für die komplette Unabhängigkeit bekannt.
Werden es die Kurden in Syrien sein, die in Richtung der kurdischen Unabhängigkeit gehen?
Temporäre Autonomie oder Vorbereitungen auf einen Staat?
Syriens Kurden, die größte ethnische Minderheit im Land, machen rund 9 Prozent der 23 Millionen Menschen aus, diese Angaben sind angelehnt an US Angaben. Ihre Meinungen in diesem Konflikt sind gespalten, doch haben sie es geschafft, ein früher undenkbares Maß an Unabhängigkeit im Nordosten des Landes zu erlangen. Sie haben eine eigene Polizei gegründet, gaben ihre eigenen Nummernschilder bekannt und verworfen jede Einschränkung bezüglich ihrer Kultur und Sprache.
Der Ankündigung einer Autonomie folgte die sofortige Eroberung der multiethnischen Grenzstadt Ras al Ayn, von der Al Qaida nahe stehenden Al Nusra Front. Die sunnitisch extremistische Gruppe versucht ihre strenge Form des Islams bei den gemäßigten Kurden durchzusetzen. Zusammenstöße kurdischer Kämpfer und dieser Extremisten, die der Al Nusra Front und dem Islamischen Staat Irak-Syrien (ISIS) angehören, führten zu dutzenden Toten auf beiden Seiten.
Kurdische Kommandeure legen offen, dass die FSA ebenfalls Männer im Kampf gegen die Kurden schickt und somit die Al Qaida nahen Gruppen unterstützt, was auf einen
kleinen Kurdisch-Arabischen Krieg in Syrien hindeutet.Allerdings ist unklar, ob diese Autonomie in Syrien mit Hinblick auf die eventuelle Unabhängigkeit erklärt wurde.
PYD Mitglieder versuchen die Bedeutung der Erklärung zu verharmlosen, indem gesagt wird : "Es ist kein Aufruf zur Trennung".Salih Muslim erwähnte in einem Interview gegenüber France 24: "Es ist nur so, dass wir seit einem Jahr in unseren Territorien auf uns alleine gestellt sind und die Menschen haben Bedürfnisse, sie brauchen eine Art von Verwaltung und wollen ihre Probleme gelöst haben. Man kann diese Probleme nicht einfach ignorieren und so stehen lassen. "
Die Kurdistan - Expertin Ofra Bengio von der Universität Tel Aviv sagt, dass die komplette Unabhängigkeit Kurdistans in Syrien in naher Zukunft nicht zu erwarten sei.
"Die PYD spricht nicht über Unabhängigkeit und wird zögern solch eine Terminologie zu verwenden, um nicht entgegen den Regierungen und der internationalen Gemeinschaft zu agieren",so Bengio. " Im Moment ist die Autonomie ein sicheres Ziel."
"Jedoch könnten die Pläne sich entsprechend den Veränderungen vor Ort auch verändern", fügt sie hinzu. Aber Syriens Lage könnte schon so weit gekommen sein, dass die Kurden es nicht erlauben von Damaskus aus regiert zu werden, auch unter einem föderalen System nicht.
"Die Idee der Unabhängigkeit scheint außerdem wahrscheinlich zu sein, da die PYD und die zukünftige Regierung in Damaskus keine guten Verhältnisse zu einander pflegen" , so Nuri.
"Ich denke, dass das syrisch kurdische Volk die Unabhängigkeit als Ziel vor Augen hat, aber an diesem Punkt liegt die Entscheidung nicht nur an ihnen." Die Kurden aus dem Irak warten ab.
Auch wenn die PYD keine bevorstehende Unabhängigkeit plant, könnte die autonome Regierung Kurdistans davon profitieren. Die PYD hat reichlichen Einfluss und besitzt inzwischen eine wachsende Autonomie in Westkurdistan. Die Verbindung zwischen den Kurden in Syrien und Irak sei sehr vertraut und zudem legen sie nicht weit auseinander.
Die Kurden aus dem Irak sind sehr gut auf die Kurden in Syrien zu sprechen. Es besteht eine harmonische Verbindung zwischen den Menschen. Eine Hilfsbereitschaft wäre hier somit außer Frage. Die Kurden lernten aus den Fehlern des kurdischen Bürgerkriegs vor ca. 20 Jahren, wo es zu einem Blutbad zwischen Kurden kam.
Während die Lage in Syrien sehr unübersichtlich ist, dürfen Studenten aus Westkurdistan an Universitäten wie in Duhok, Erbil, und Hewler studieren. Den Lehrern wird in der autonomen Region Kurdistans eine vorübergehende Zukunft angeboten. Diese bekommen an Schulen einen Beruf, bis der Bürgerkrieg in Syrien ein Ende genommen hat. Auch wenn die Parteien im Irak und in Syrien rivalisiert sind, arbeitet der kurdische Nationalrat sehr eng mit der Partei von Barzani zusammen. Zudem haben viele Kämpfer der YPG in der autonomen Region Kurdistan eine hervorragende Ausbildung genossen.
Dennoch ist die Beziehung der beiden Parteien sehr komplex Die PYD arbeitet sehr eng mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie wird als verlängerter Arm der PKK gesehen. In den 1990er gab es den kurdischen Bürgerkrieg, wo sich die PKK und KDP bekriegt haben. „Nichts desto trotz müssen die syrischen Kurden die KRG als einen Vermittler und als eine strategisch wichtige Hilfe sehen. Denn die KRG ist abhängig von den syrischen Kurden um ihr Ziel zu erreichen.“, so Bengio.
Bengio glaubt daran, dass eine Autonomie Westkurdistans einen positiven Einfluss auf die Autonomie in Südkurdistan haben würde. „Die Feinde um den Irak und Syrien herum seien nicht erfreut über die aktuelle Situation. Zudem sind sie militärisch stark. Wenn jedoch die syrischen Kurden ihre Autonomie haben werden, wird die Autonomie im Südirak einen Schritt vorangetrieben. Im Falle einer Autonomie in Westkurdistan würden sich die Kurden im Irak gestärkt fühlen ihre Bestrebung einer völligen Autonomie auch auszuweiten. „Es würde ihnen ein Gefühl der Sicherheit geben“, sagte Nuri. Die Kurden blicken inzwischen anders auf die Welt. Ihr Blick hat sich in den letzten Jahren drastisch geändert, so dass sie sich von den Arabern mehr und mehr distanzieren. Im Klartext heißt es, dass man sich von den Arabern abwende, da man keine Zukunft mit ihnen möchte. Dennoch werden die Kurden ihre Narben vom Jahrzehnten langen Krieg tief im Herzen tragen.
Amerikanische und israelische Interessen im Widerspruch.
„Wenn es erst mal zu einer Unabhängigkeit kommen sollte, was ich persönlich auch glaube, werden die Türkei, der Iran, Syrien und Irak diese nicht anerkennen. Sie werden dem aggressiv gegenüber stehen. Dennoch wird es am Ende darauf ankommen, was Amerika dazu sagt. Ich glaube nicht, dass die Türkei, Syrien und der Iran einen Krieg starten werden, wenn Washington die Unabhängigkeit unterstützen würde. Washingtons Haltung sei der Schlüssel zu allem Anderen“, argumentiert Bengio.
„Die Amerikaner wollen die aktuelle Struktur der Landkarte beibehalten. Sie haben viel Geld in den Sturz von Saddam investiert. Deshalb wären sie nicht interessiert, wieder eine Veränderung vorzunehmen, da diese hohe Kosten mit sich bringen würde. Die Amerikaner haben genug eigene Geldprobleme die FSA zu unterstützen.“, erklärte Saadi.
Zu diesem Thema laufen israelische Interesen entgegen der amerikischen Position. Die Beziehungen zwischen den Kurden und den Israeliten sind tief verankert. Sagi Chori, ein Mossad-Offizier, wurde 1960 in den Irak geschickt, um Mulla Mustafa Barzani zu unterstützen im Krieg gegen den Iran. Viele nationalistische Kurden neigen dazu, Israel als Vorbild für ein unabhängiges Kurdistans zu sehen. Die Kurden seien umgeben von Feinden, wie z.B. Türken, Iraker, Syrer und Iraner. Die Israeliten sind ebenfalls umgeben von Feinden im Nahen Osten. Israel hat einige Allianzen mit nicht-arabischen Ländern aufgebaut, unter anderem mit Zypern, Griechenland und Bulgarien. Kurdistan würde ebenfalls optimal in die Allianz einzuordnen sein. Das neue Kurdistan wird mit hoher Wahrscheinlichkeit viele diplomatische Beziehungen mit Israel eingehen. „Die Kurden sind die einzige Nation in der Region, die keinen Hass gegen Israel hat. Die Kurden sehen die Welt anders als die Araber. Im Allgemeinen sind die radikale Islamisten in arabischen Ländern häufiger vertreten als in Kurdistan. Diese wiederum sehen alle Lösungen in der Scharia, aber nicht die kurdische Bevölkerung. Diese denkt im europäischen Stil, moderner. „Das Problem der Kurden ist, dass sie nicht wissen, wie sie dahin kommen, da sie keinerlei Erfahrungen haben.“, so Saadi.
Die Kurden müssten eine Allianz zu Israel aufbauen, um Sicherheit und Stabilität zu gewinnen. Dabei könnten sie eigene Beziehung zu Amerika aufbauen. Dies wäre ein Vorteil, da Amerika der Schlüssel zu allen anderen Ländern ist. Eines Tages werden die radikalen Islamisten im Nahen Osten fallen, die Regierungen werden ebenfalls ins Wanken geraten, daher wäre eine Allianz mit Israel von großer Bedeutung um ein Chaos zu verhindern und eine eigene stabile Autonomie garantieren zu können.
Quellen: Serhildan News, EKurd, Reuters, The Times of Israel
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